Der Trompeter von Säckingen

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Scheffel in Säckingen

Januar 1850 - August 1851

"Seit Neujahr hause ich hier in der alten festen und getreuen Waldstadt Säckingen."

Mitte des 19. Jahrhunderts war Säckingen ein kleines ruhiges Städtchen mit etwa 1.500 Einwohnern und trotzdem wurde es militärisch streng bewacht. Der Grund: Nach der Niederlage der Revolution 1848/49 fürchteten sich die Herrschenden im Großherzogtum Baden vor den im Schweizer Exil lebenden Demokraten und Republikanern.
Scheffel, im März 1848 selbst Anhänger der liberalen und demokratischen Ideen, war 1849 politisch tief enttäuscht und wollte nicht mehr in seiner Heimatstadt bleiben. Im Januar 1850 nannte er im Brief an Karl Schwanitz den"Preußenkult" in Karlsruhe als Grund für die Entscheidung, in der "getreuen Waldstadt Säckingen" leben zu wollen.
Hier erhielt Joseph Victor die Stelle des Rechtspraktikanten am Bezirksamt, welches im ehemaligen Stiftsgebäude (heute Straßenbauamt) untergebracht war:

"In dieser Höhle nun pflege ich der Kriminal- und Polizeijustiz und sitze des Tages meine 7 - 8 Stunden."

Stiftsgebäude und Gasthaus Goldener Knopf
Bild 13
Stiftsgebäude (bis 1892) und Gasthaus Goldener Knopf (bis 1860)
nach einer Darstellung von C. Gersbach jr., 1921

Das Einzugsgebiet des Säckinger Bezirksamtes umfasste den westlichen Hotzenwald, sowie den Hochrhein zwischen Nollingen und Laufenburg. Als passionierter Wanderer und Zeichner erkundete Scheffel die Umgebung, fast immer mit dem Skizzenblock in der Tasche. Seine Erlebnisse aus jener Zeit, wie zum Beispiel das Fridolinsfest oder die Bergsee- und Hotzenwaldwanderungen, verewigte er nicht nur in den Briefen an seine Eltern oder im Buch Reisebilder, sondern auch im Trompeter von Säckingen.

Und was hat der Junggeselle Joseph Victor abends getrieben?

"Ist das Tagwerk vorüber, so geht die arme Seel ins Gasthaus Knopf zu Herrn Broglie, trinkt ruhig ihr Bier aus, und wenn die oktroyierte Polizeistunde um 10 Uhr abends eingebrochen ist, so geht sie mit ihrem Hausherrn, dem jungen Bürgermeister, nach Haus und legt sich aufs Ohr."

Das Gasthaus Goldener Knopf stand noch bis 1860 am Münsterplatz. Dort hatte die Lesegesellschaft ihre Unterkunft. Auch Scheffel ist diesem Verein, damals ein Treffpunkt der Honoratioren, beigetreten.

Hallwyler Hof
Bild 14
Im Hallwyler Hof hatte 1850/51 Scheffel seine
Wohnung. Aufnahme von etwa 1900

Allerdings hatte man das Bier nicht immer ruhig ausgetrunken. An einem Abend wurde Scheffel im Knopf für kurze Zeit verhaftet, weil ein Hauptmann der in Säckingen stationierten badischen Truppe über das laute Singen im Lokal der Lesegesellschaft verärgert war. Durch diesen Vorfall fühlte sich der Rechtspraktikant gekränkt, doch seine angenehme Erinnerung an die Säckinger Zeit ist ungetrübt geblieben. Gewohnt hatte Scheffel zunächst bei Bürgermeister Leo, im November 1850 zog er in den Hallwyler Hof an der Rheinbrücke.

Am 1. September 1851 verließ Scheffel Säckingen und reiste in die Graubündner Alpen.

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