Wahrheit und Dichtung im "Trompeter von Säckingen"
"Das ist im Leben hässlich eingerichtet,
Daß bei den Rosen gleich die Dornen stehen."
Als Scheffel in den Jahren 1850/51 in Säckingen lebte, wurde hier eine Liebesgeschichte aus dem 17. Jahrhundert erzählt. Sie beeindruckte den jungen Joseph Victor zutiefst, und an ihr entzündete sich seine dichterische Phantasie. Bereits 1851 entstand der erste Entwurf für den Trompeter. Geschrieben wurde das gesamte Versepos 1853 in Italien und ist im gleichen Jahr zu Weihnachten als Buch erschienen.
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Der Grabstein des Trompeters und seiner
Gemahlin am St. Fridolinsmünster
Die Hauptfiguren der Dichtung waren in Wirklichkeit:
- Franz Werner Kirchhofer (jung Werner), ein Säckinger Bürger, aber kein Trompeter, geboren am 1. April 1633, gestorben am 31. Mai 1690
- und Maria Ursula von Schönau (Margaretha), geboren am 21. Mai 1632, gestorben am 21. März 1691
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Fridolinsfest. Werner erblickt zum ersten Mal
Margaretha. Illustration von Anton von Werner,
1869
Maria Ursula ist im Säckinger Schloss aufgewachsen. Ihr Vater starb, als sie noch ein Kind war, und deshalb haben die Brüder des Mädchens die Vormundschaft ausgeübt. Sie versuchten, der Liebesbeziehung zwischen ihrer Schwester und Kirchhofer ein Ende zu setzen. Doch die Vermählung ließ sich nicht verhindern, und die weiteren Störversuche der Schönauer hatte die vorderösterreichische Regierung unterbunden.
Kirchhofer konnte durch Salzhandel zu Vermögen kommen und die Oberaufsicht über die Rheinfähre übernehmen.
Aber nicht nur die Liebe zwischen Franz Werner und Maria Ursula hatte Scheffel zum Dichten inspiriert. Hier stellte er sein eigenes Leben literarisch dar und brachte seine unerfüllten Wünsche zum Ausdruck. Mit Margaretha hatte Scheffel seine Cousine Emma Heim verewigt. Das war die Frau, die er liebte, aber nicht heiraten durfte, weil Sie einem anderen versprochen wurde.
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"Es hat nicht sollen sein!"
Emma Heim. Diese Frau hatte Scheffel geliebt
und sie als Margaretha verewigt.
Die Enttäuschung darüber gipfelten in den Liedern jung Werners:
"Das ist im Leben hässlich eingerichtet,
Daß bei den Rosen gleich die Dornen stehn."
und
"Behüt dich Gott!, es wär' zu schön gewesen,
Behüt dich Gott!, es hat nicht sollen sein!"
An weiteren biographischen Bezügen mangelt es nicht:
So wird zum Beispiel der Trompeter jung Werner als ehemaliger Jurastudent in Heidelberg geschildert. Auch er ist dem bürgerlichen Beruf entflohen.
Die Begegnung Werners mit einem Schwarzwaldpfarrer erinnert an Scheffels Freund, den Pfarrherrn Riesterer in Rickenbach.
Der Diener des Vaters von Margaretha wird Anton genannt, der Diener im Elternhaus von Scheffel hieß in Wirklichkeit Anton Roekk.
In manchen Erlebnissen des Trompeters wiederholen sich Ereignisse aus Scheffels Leben: Italienreise, Fridolinsfest, Wanderungen am Bergsee und im Hotzenwald.
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